HANDBALL inside | Ausgabe #59 5/2024
S tille und Entsetzen. Als sich der Abend des 26. September 2024 in der Arena am Kleinen Kuh berg dem Ende zuneigt, strömen viele Zuschauer kopfschüttelnd und fas sungslos zu den Ausgängen. Pfiffe gibt es für den Auftritt des THW Kiel nicht. Diejenigen Fans, die nach Abpfiff noch ein paar Minuten stehen bleiben, sind einfach nur sprachlos. Entgeistert schauen sie auf das Spielfeld. Acht Tore nur hatten die „Zebras“ in der ersten Halbzeit gegen eine keines wegs formstarke MT Melsungen erzielt, ihr planloser Angriff war zerschellt an den Riesen in der Abwehr der Nord hessen. Nach der Pause kämpft das verletzungsgeschwächte Heimteam immerhin, aber am Ende steht eine deutliche 21:25-Niederlage gegen eine Mannschaft, die keineswegs zu den Topfavoriten in der Meisterschaft zählt. Die Schockwellen auf den Rängen geraten deshalb so heftig, weil der THW nur vier Tage zuvor einen spek
Man werde die Lehren aus dieser Saison ziehen, hatte Geschäftsführer Viktor Szilágyi noch in Köln versi chert, man werde an den notwendigen Stellschrauben drehen. Was irgend wie den Eindruck erweckte, dass nur Details zu verändern seien, die dem THW Kiel wieder den Weg an die Spitze der Bundesliga ebnen würden. Und dass das Zeitalter der Kieler He gemonie nur kurzzeitig unterbrochen worden sei und sich mit der neuen Saison fortsetzen werde. Zum Imperium wuchs der THW Kiel im Sommer 1993, als Trainer Noka Serdarusic das Zepter übernahm und, gemeinsam mit dem neuen Manager Uwe Schwenker, den schon immer ambitionierten Club prompt zur ersten Meisterschaft seit 1963 führte. Ins gesamt 20 Deutsche Meisterschaften und zwölf Siege im DHB-Pokal sam melten die Kieler seither – ihr Erfolg schien eine Art Naturgesetz. Doch jedes Imperium endet einmal. Selbst
takulären Auswärtssieg beim Titelver teidiger SC Magdeburg gelandet hat. Auch die Profis und der Trainer sind sichtlich angefasst nach der zweiten Niederlage im vierten Saisonspiel. Coach Filip Jicha verlässt mit gesenk tem Blick die Arena. Sein Team habe sich, sagt der Chefcoach später, „ein bisschen verunsichern lassen von der Linie der Schiedsrichter“. Der Auswärtssieg in Magdeburg hatte die Hoffnung genährt, dass die Saison des Grauens, die der THW im Vorjahr absolviert hatte, ein einma liger Ausrutscher gewesen war. Mit Platz Vier und 15 (!) Punkten Rück stand auf Magdeburg hatte der Re kordmeister erstmals seit 2019 die Champions League verpasst. Hinzu kam eine sensationelle Heimnieder lage im DHB-Pokal gegen die HSG Wetzlar – und, vor den Augen aller europäischen Fans, eine historische 18:30-Pleite im Halbfinale der Cham pions League gegen den FC Barcelona.
DIE UMSATZENTWICKLUNG DES THW KIEL SEIT 2011/12 (IN MILLIONEN EURO)
15
14,35
14
13,42
13
12,85
12,82
12,73
12,38
12,19
12
11,85
11,79
11,37
11
10
7,99
9
2012/13
2013/14
2014/15
2015/16
2016/17
2017/18
2018/19
2019/20
2020/21
2021/22
2022/23
Quelle: Prüfberichte der THW Kiel Handball-Bundesliga GmbH & Co. KG
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AUSGABE #59 5/2024
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