HANDBALL inside | Ausgabe #59 5/2024
Hanning, für den Drux stets mehr war als ein Angestellter im Profi-Kader. „Uns verbindet so viel“, betont Han ning, „deshalb wird es meine Aufgabe sein, nach der Reha mit Paul darüber zu sprechen, was er möchte und wie er sich für die nächsten Jahre aufstellen will.“ Vermutlich wird es im Januar erste Gespräche diesbezüglich geben. Allerdings ist es ein offenes Geheim nis, das sich Hanning gut vorstellen kann, Drux als seinen Nachfolger im Verein aufzubauen und eines Tages gewissermaßen den Staffelstab an ihn zu übergeben. „Natürlich immer unter der Voraussetzung, dass er sich das auch vorstellen kann“, sagt der Manager. Für Drux, diesen hochbe gabten Handballer, der immer wieder von schweren Verletzungen zurück geworfen und nun sogar zum Karrie reende gezwungen wurde, würde sich in jedem Fall ein Kreis schließen, falls es tatsächlich so kommt. „Bei Paul konnte man sehr früh erkennen, welch außergewöhnliches Talent er mitbringt“, hat Axel Ren ner, Drux’ langjähriger Jugendtrai ner beim VfL Gummersbach, einmal erzählt. Ab der C-Jugend lief der Rückraumspieler wegen akuter Un terforderung stets in der nächsthö heren Altersklasse auf. Allerdings sei Drux am Anfang zu sozial gewe sen, erinnert sich Renner. „Wenn er mal wieder sechs, sieben Tore in Folge erzielt hatte, hat er den Ball nur noch abgegeben und nicht mehr selbst geworfen.“ Nachdem Drux die se Marotte abgestellt hatte, wurden alsbald die Füchse auf ihn aufmerk sam – ironischerweise nach einem Spiel der damaligen B-Jugend in Gummersbach, das Drux dominiert hatte. Also suchte Bob Hanning den AUSSERGEWÖHNLICHES TALENT
Berliner kam und wie kaum ein ande rer für den Aufstieg des Vereins in die nationale wie internationale Spitze steht. In den 13 gemeinsamen Jahren gewannen die Berliner den DHB-Po kal (2014), den EHF-Cup respektive die European League (2015, 2018, 2023) sowie die Vereinsweltmeister schaft (2015, 2016) und entwickelten sich darüber hinaus zu einem ernst zu nehmenden, dauerhaften Meis terschaftskandidaten. Drux gehörte zudem zum Aufgebot des Deutschen Handballbundes, das 2016 die Bron zemedaille von den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro mitbrachte. Mit Blick auf diese Bilanz betont er: „Ich bin sehr dankbar für alles, was ich im aktiven Handball als Spieler erleben und erreichen durfte.“ Trotz der großen Erfolge war un mittelbar nach der jüngsten Verlet zung verständlicherweise auch viel Frust zu vernehmen beim 127-fachen Nationalspieler. „Das Ergebnis der Untersuchungen ist für mich abso lut niederschmetternd, das muss ich jetzt erstmal für mich verarbeiten“, sagt Drux, dem nun zwei Operationen und eine mutmaßlich zeitintensive Reha bevorstehen, und ergänzt: „Erst danach werde ich mir gemeinsam mit meiner Familie in Ruhe Gedanken darüber machen, wie die nächsten Schritte aussehen könnten.“ Zur gan zen Geschichte gehört nämlich auch, dass es zumindest privat ausgespro chen gut läuft für den 29-Jährigen: Bei Redaktionsschluss dieser Ausga be wartete Drux’ Frau Linda gerade auf die Geburt des zweiten gemeinsa men Kindes. Was in der Zukunft auch kommen mag, kann sich Drux einer Sache schon jetzt gewiss sein: der vollum fänglichen Unterstützung seines Vereins. „Paul wird immer ein Fuchs bleiben“, sagt Geschäftsführer Bob
einem Interview für eine Geschichte über die Füchse Berlin wissen, für die Drux als frisch gekürter Kapitän Rede und Antwort stand. „Wer mich ein bisschen kennt, der weiß, dass es mir überhaupt nicht wichtig ist, von Be ginn an zu spielen, und dass ich mei nen Erfolg stets dem der Mannschaft unterordne“, antwortete er. Es klang wie ein klassischer Satz aus dem Phra senrepertoire eines Profisportlers, aber wenn man diesen Satz jemandem abkaufen konnte, dann war es tatsäch lich Paul Drux. Das zeigte sich auch daran, dass er seiner neuen Situation einen überaus positiven Gedanken abgewinnen konnte: „Vielleicht ist es für meinen Körper auch gar nicht so schlecht, wenn ich nicht immer 60 Minuten in Angriff und Abwehr durch spielen muss“, sagte Drux. Im Nachhi nein muss man feststellen: Daraus ist leider nichts geworden. Denn in der vergangenen Woche, am Vorabend des Tags der deutschen Einheit, haben die Füchse via Presse mitteilung eine Nachricht öffentlich gemacht, die den Verein hart getrof fen und im Handball-Kosmos hohe Wellen geschlagen hat. Demnach muss Drux seine Sportler-Karriere im Alter von nur 29 Jahren beenden. Ein paar Tage zuvor hatte er sich im Trai ning eine schwere Verletzung am oh nehin lädierten Knie zugezogen, die eine MRT-Untersuchung nach sich zog –und das Urteil der behandelnden Ärzte ließ keine zwei Meinungen zu: Eine Rückkehr in den Leistungssport, so die einhellige Meinung der Exper ten, ist ausgeschlossen. Auf dem Feld wird es bei den Füchsen also nicht weitergehen können für den gebürti gen Gummersbacher, der als Jugend licher in die Nachwuchsakademie der SCHWERE ENTSCHEIDUNG
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AUSGABE #59 5/2024
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