HANDBALL inside | Ausgabe #59 5/2024

Preußische Disziplin – nordische Gelassenheit Ein Gespräch mit Maik Machulla über seinen Abschied von Flensburg, den Neustart beim Champions League-Teilnehmer Aalborg Handbold und die „heilige halbe Stunde“.

Seit vergangenem Sommer sind Sie Chef trainer in Aalborg. Wie gut ist Ihr Dänisch? M aik M achulla : „Guten Tag“ und „auf Wiedersehen“ bekomme ich ganz gut hin. Beim Handball kann ich na türlich taktische Anweisungen geben, für eine tiefsinnige Unterhaltung rei chen meine Dänisch-Kenntnisse aller dings noch nicht. M achulla : Aktuell verständigen wir uns hauptsächlich auf Englisch, ob wohl Englisch ehrlicherweise gar keine typische Handballsprache ist. Emotio nen in einer Fremdsprache zu vermit teln, ist für mich grundsätzlich eine Herausforderung. Manchmal denke ich im Nachhinein über eine bestimm te Situation nach und frage mich, ob ich den Spielern alles so vermitteln und meine Gedanken genauso trans portieren konnte, wie ich das wollte. Die Schwierigkeit ist also weniger die Grammatik oder die Aussprache, sondern das Übersetzen der eigenen Gefühlslage? M achulla : Genau. Ich lebe extrem von meiner Kommunikation, versu che immer nah dran an den Spielern zu sein und erlebe gerade, wie groß die In welcher Sprache läuft die Kommunika tion mit dem Team?

Herausforderung ist, wenn die Ver ständigung nicht in der eigenen Mut tersprache läuft. Das Zusammenspiel von unterschiedli chen Nationalitäten kannten Sie ja be reits aus Flensburg. M achulla : Aber erst jetzt kann ich genau nachvollziehen, wie sich aus ländische Handballer in der Bundes liga fühlen müssen, und habe einen noch größeren Respekt für alle Legi onäre. Ich hielt es immer für selbst verständlich, dass Spieler, die zu uns kommen, schnellstmöglich auch Deutsch lernen. Bei meinen Anspra chen bin ich davon ausgegangen, dass das, was ich sage, nicht nur als Grund-Message, sondern auch in der Tiefe ankommt. Jetzt bekomme ich einen ganz anderen Blick darauf. Die Kommunikation hat bei der SG immer hin so gut funktioniert, dass Sie ein inter nationales Team zu zwei Meisterschaften coachen konnten. M achulla : Das stimmt. War die Freistellung im April 2023 für Sie überraschend? M achulla : Ich war überzeugt, dass ich deutlich mehr Kredit bei den Ent

scheidern habe und dass allen klar sei, welche Mannschaft wir für die Zukunft aufbauen. Dass wir in vielen Bereichen eine neue Energie brauch ten, war spürbar. Die Freistellung hat mich dennoch hart erwischt und es dauerte auch eine Weile, bis dieser Stachel raus war und ich alles verdau en konnte. M achulla : Die SG hat eine enorme Strahlkraft, das Herz einer ganzen Re gion schlägt für diesen Verein. Wenn du Trainer dieser Mannschaft warst, dann kennt dich logischerweise die ganze Stadt. Im Nachhinein wäre es aus mei ner Sicht besser gewesen, damals für einen gewissen Zeitraum aus Flensburg fortzugehen, um all den Fragen und Kommentaren aus dem Weg zu ge hen, die täglich auf mich einprassel ten. Aufgrund der Schulpflicht meines Sohnes war das allerdings nicht mög lich. Richtig zur Ruhe zu kommen und sich auch mal reflektiert die Frage zu stellen, wo man vielleicht Fehler ge macht hat, war in der Gesamtsituati on fast gar nicht möglich. Wie konnten Sie letztlich den nötigen Ab stand gewinnen?

Haben Sie denn auch Fehler gemacht?

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