HANDBALL inside | Ausgabe #59 5/2024

INTERVIEW

„Bei uns in Glückstadt wurden Talente gefördert” Kerstin Joensson wechselte einst vom DHB zum österreichischen Verband und spielte dort erfolgreich Handball. Heute lebt die Profi-Fotografin in Lofer und lichtet die Schlagerstars ab.

Frau Joensson, Ihre Handball-Karriere liegt lang schon in der Vergangenheit. Nehmen Sie dennoch teil am aktuellen Geschehen? K erstin J oensson : Aber natürlich, vor allem als die österreichischen Handballer bei der Europameister schaft im Januar in Deutschland so toll aufgespielt haben. Ich habe auch noch Kontakt zu etlichen Leuten aus dem Handball, sowohl aus meiner österreichischen als auch aus meiner deutschen Zeit. Gerade jetzt, in diesen Tagen, ist Dagmar Stelberg zu Besuch, eine Mitspielerin aus der National mannschaft und aus den Engelskirche ner Zeiten. Und in einer Woche kommt Claudia Sturm. Und dann gehen wir Wandern oder machen E-Bike-Tou ren. Hauptsache, wir verbringen ein wenig gemeinsame Zeit. Den Ball nehmen Sie aber nicht mehr in die Hand, oder? J oensson : Sind Sie wahnsinnig? Na türlich nicht. Das letzte Mal, dass ich Handball gespielt habe, ist rund 30 Jahre her. Und ich bin nun mittlerwei le 60 Jahre alt. Sie sind in Glücksstadt bei Hamburg an der Elbe groß geworden und haben dort auch den Weg zum Handball gefunden.

 Dennoch ging es zunächst steil nach oben. Sie nahmen 1984 an den Olym pischen Spielen in Los Angeles teil, ge wannen 1986 den deutschen Pokal und waren im selben Jahr Europacup-Finalist. J oensson : Das war eine tolle Zeit, weil wir mit dem VfL damals eine tolle Mannschaft rund um Dagmar Stelberg hatten. Das ging gut bis zu jener enttäu schenden B-Weltmeisterschaft in Bul garien im Dezember des Jahres 1987. Wir sind damals enttäuschende Zehnte geworden, und nach dem Abschluss bankett bin ich nachts um vier ein wenig angeheitert auf dem Flur der Ös terreicherinnen aufgetaucht und habe den damaligen Bundestrainer Gunnar Prokop gefragt, ob er nicht noch jeman den für den linken Rückraum braucht. Keine zwei Wochen später war ich beim Training bei Hypobank Südstadt Wien und habe dort einen Vertrag unter schrieben. Und daraus wurden dann vier Jahre bis zu den Olympischen Spielen 1992 in Barcelona … gerutscht, weil sich Stammspielerin Britta Vattes verletzt hatte. Ich hat te damals die gesamte Vorbereitung nicht mitgemacht. Und insgesamt war das Ergebnis mit Rang Neun damals nicht so berauschend.

J oensson : Was aber gar nicht so verwunderlich ist. Bei uns in der Fa milie und auch im gesamten Ort war es das Normalste der Welt, dass man zum Handball ging. Also habe ich das auch getan. Allein bei uns in der Stra ße lebten mit mir, meiner Schwester Silke und der Torhüterin Heike Hin richs gleich drei spätere Nationalspie lerinnen. Tatsächlich wurden bei uns Talente besonders gefördert. Und ich hatte offensichtlich ein besonderes Talent. Ich habe bereits mit 13 Jahren in der Jugend-Nationalmannschaft gespielt. Und als wir mit den Juniorin nen in Montreal unter Ekke Hoffmann den dritten Platz belegten, war ich 15 Jahre alt. J oensson : Ja, stimmt. Dort habe ich zwei Jahre in der ersten Liga gespielt, bevor ich dann nach Engelskirchen wechselte. Ich bin am 3. Juli 1982 18 Jahre alt geworden, und am 4. Juli bin ich ausgezogen und ins Oberbergische umgesiedelt. Und in demselben Jahr war ich auch schon bei der Weltmeis terschaft in Ungarn unter Bundestrai ner Gerd Tschochohei dabei. Damals bin ich allerdings kurzfristig so rein Im Alter von 16 Jahren sind Sie mit dem MTV Herzhorn in die Bundesliga aufstiegen.

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