HANDBALL inside | Ausgabe #59 5/2024
STORY
deswegen erledige ich den ganzen Kram lieber am Vormittag.“ Während der berühmten spanischen Siesta, zwischen 14 und 17 Uhr, wird die Zeit für private Momente genutzt. Laken macher geht mit seinen Hunden am Strand spazieren, springt ins Wasser, und ab und zu bleibt er einfach nur ste hen, um die Schönheit der Insel, sein neues Zuhause, zu bewundern. „Ich musste hier nicht versuchen anzukommen, ich war sofort da“, sagt Lakenmacher, dem jeder Vergleich mit den bekannten Auswanderern aus dem VOX-Format „Goodbye Deutschland“ schwerfällt. Er wusste genau, wo er hinkommt und wurde hier mit offenen Armen von der Familie seiner zukünfti gen Frau aufgenommen. „Ich bin kein typischer Auswanderer, ich bin jemand, der seinen Wohnsitz aufgrund einer Be ziehung gewechselt hat.“ Dem großen Interesse kann er sich dennoch nicht entziehen. Es gab schon einige Presseartikel über ihn und sein neues Leben, und auch die Sendung „Mein Lokal, dein Lokal“ hat schon angeklopft. „Das Konzept ist, dass zwei Pächter ihre Lokale für eine bestimmte Zeit tauschen“, erklärt Lakenmacher, „das ist mit meinem Schwiegervater nicht zu ma chen, er hat sofort abgelehnt.“ Für den Chefkoch sei seine Küche heilig – und dafür hat die ganze Familie volls tes Verständnis. Die Frage, ob man ihn irgendwann doch noch in einer deutschen Hand ball-Halle mit der Taktiktafel in der Hand sieht, kann der Ex-Profi nicht beantworten. „Ich habe für alle Fälle letztes Jahr meine A-Lizenz verlän gert.“ Handball ist mehr als Sport, Handball scheint auch ein Lebensge fühl zu sein, das so viele Menschen miteinander teilen. „Beim letzten Lehrgang waren wieder ehemalige Weggefährten dabei, wie Maik Ma
am Saisonende aufhört. Seinen Job bei der Bank kündigte er im Januar 2024. Im April dann die Hiobsbotschaft: Im Haus, über dem Lokal in Port d'Andratx, brannte eine Wohnung komplett aus. Die Behörden kennen bei einem Brand gar kein Pardon und ließen das Restaurant auf unbestimm te Zeit schließen. Kochen und Gäste bewirten waren damit passé, nun wur den im leeren Laden in regelmäßigen Abständen die Wände abgeklopft und die Statik überprüft … „In diesen zehn Wochen ging mein Hintern schon auf Grundeis. Da sitzt du und zitterst, ob es die richtige Ent scheidung war.“ Deutschland erschien wieder attraktiver, zumal er gleich zeitig einen Trainerjob in der 2. Liga angeboten bekam. Die Clubvertreter reisten sogar nach Mallorca, um ihren Wunschkandidaten zu überzeugen, und Lakenmacher kam tatsächlich ins Grü beln, „am Ende habe ich mich allerdings doch für das Restaurant entschieden.“ Die Frage, ob er seinen Sport nach so vielen Jahren nicht vermissen würde, beantwortet der Ex-Profi schnell: „Ich hatte bisher noch nicht mal Zeit, mei ne Freunde zu vermissen.“ Bei sei nem neuen Job bleibt nicht viel Zeit übrig, Olympia lief auf dem Fernseher im Lokal nebenbei, „weil es einfach geil war“, und ab und zu wird in der Nacht noch ein spannendes Spiel ge streamt. Aber selbst zum Ball oder zur Taktiktafel griff der 53-Jährige auf Mallorca bisher nicht. Die Nächte in Port d'Andratx sind definitiv länger als in Hildesheim. La kenmacher bleibt dennoch ein Früh aufsteher. Die Vormittage verbringt er im Restaurant, die Vorbereitung für den Abend, die Verhandlung mit Lieferanten und die Themen rund um die Buchhaltung brauchen schließlich ihre Zeit. „Wenn ich um 17 Uhr ins Re staurant gehe, muss alles perfekt sein,
Foto: privat
Sven und Cristina: Leben, wo andere Urlaub machen
chulla oder Christian Prokop. Da treffen wir uns alle und schwelgen stundenlang in alten Geschichten.“ Solch lange Nächte gibt es aller dings auch öfters im Restaurante Viva. „Wenn alte Bekannte aus der Handball-Familie auftauchen, machen wir irgendwann auch mal die Tür zu.“ Dann setzt sich „Laki“ zu seinen Gäs ten und Cristina, eine begnadete Sän gerin, greift zum Mikrofon. Bei lauem Wetter und bestem Wein werden dann weitere unvergessliche Momente und Erinnerungen für den Rest des Lebens geschaffen. Zita Newerla
AUSGABE #59 5/2024
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